Im Jahr 2006 erschien in
einer Bütower Zeitung, dem Bütower Kurier, ein zweiteiliger
Artikel über die Geschichte der Palubickis/Palubitzkis in dieser
Gegend, in dem interessanterweise auch die Frage geklärt wird,
warum sich unsere Vorfahren eigentlich "Barone" nannten.
Mit meinen Grundkenntnissen in
Polnisch, einem Wörterbuch sowie geringer Hilfe eines
Muttersprachlers habe ich, glaube ich, eine recht exakte
Übersetzung der Texte hinbekommen.
Einige Anmerkungen zum Text:
1) Im Originaltext wurde
häufig das Wort "gbur" gebraucht. Ein gbur ist laut
Wörterbuch eigentlich ein Lümmel oder Grobian. Da das in
diesem Fall aber nicht zutreffen kann - schließlich handelt es
sich um unsere Vorfahren :-) - habe ich nach einer "besseren"
Übersetzung gesucht und in der polnischen Wikipedia die
Erklärung gefunden, dass "gburzy" im 15. - 19. Jahrhundert
ehemalige Besitzer waren, die eigenes Land hatten und dieses
bewirtschafteten. Also vielleicht das Äquivalent für den
Begriff "Besitzer/Altsitzer", der in so mancher Urkunde aus damaliger
Zeit vorkommt. Zur Sicherheit habe ich den Begriff jedoch nicht
übersetzt.
2) Um "meine" Linie geht es im
zweiten Teil des Artikels. Direkte Vorfahren habe ich bei der ersten
Erwähnung gelb hervorgehoben.
3) In dem Text wird u.a. das Grab
meiner Uroma Franziska erwähnt. Im Jahr 1999 habe ich das Grab auf
dem Stüdnitzer Friedhof fotografiert. Das Foto seht ihr ganz unten
auf der Seite.
So, jetzt geht's los:
Die Barone unter den Bütowern, Teil 1
Die Wurzeln der heutigen Einwohner
des Bütower Landes liegen oft in den benachbarten
südöstlichen Kreisen Kaschubens.
Auch gibt es bei uns Ankömmlinge aus anderen, entfernteren Regionen des ehemaligen und heutigen Staatsgebietes.
In Bütow wohnt außerdem
Nachwuchs von Einheimischen, die hier „schon immer“ lebten.
Eine von diesen Familien sind die Palubickis aus Oslawa Dabrowa.
Das malerisch gelegene Dorf Oslawa Dabrowa, Gemeinde Studzienice, war vor Jahrhunderten in zwei Teile geteilt:
das königliche – bewohnt durch gbur - und das adlige, dort lebten drei Großfamilien.
Neben diesen werden im adligen Teil ab 1658 auch die Palubickis erwähnt.
Der Nachname ist in diesem Dorf bis heute gegenwärtig.
Auf die Wurzeln aus Oslawa Dabrowa berufen sich auch Palubickis aus Ugoszcz und Rekowo.
Die Antwort auf die Frage, ob und
wie es Verbindungen zwischen den modernen Palubickis und denen aus der
Zeit von vor Jahrhunderten gibt, versuche ich Ihnen darzustellen.
Die adligen Einwohner Palubicki
stammen aus Palubice im heutigen Kreis Karthaus. Die ersten
Informationen über die kaszubischen „pankach“ (kleine
Ritter) aus Palubice sind aufbewahrt in den Einschreibungen der
Kreuzritter oder Eintragungen in die Akten, datiert auf den Anfang des
15. Jh. Die Palubickis waren fruchtbare Einwohner, und sehr schnell
breiteten sie sich in ganz Pommern aus. Heute leben in Polen fast 1.500
Personen dieses Namens, davon 1.000 in Pommern.
Sehr schnell, da bereits im 16.
Jahrhundert, erschienen die ersten Palubickis im Bütower Raum. In
Gostkow im Bütower Land leben im Jahre 1559 zwei Adlige, Bartos
und Pawel, und in Polczen Jürgen Bolbitzki (diese Verunstaltung
der Schreibweise des Nachnamens benutzten die Autoren des Buches
„Kreis Bütow“). Ihre Nachkommen lebten bei uns im
Jahre 1603 – in Gostkow Hans Belbitzki und Michel Belbitzki sowie
Simon Belbitzki in Polczen. Nach 20-jähriger Zugehörigkeit zu
Polen kehrte im Jahre 1657 das Land Lebork-Bütow in die Herrschaft
der Hohenzollern, die Dynastie des brandenburgischen Elektorates
zurück. Ein Jahr später empfingen in Lebork die neuen
Herrscher die Eide vom städtischen Adel. Unter 89 Adligen, die das
Bütower Land vorstellten, befanden sich drei Palubickis, die
Witwe von Maciej aus Gostkow, die Witwe von Jürgen aus Polczen,
und Jakob, ein Einwohner aus Polczen (Jakob Palbitzke zu Woitzlaff
Damerow).
Die Barone aus Oslawa-Dabrowa
In dem 1858 von Hermann Griebel
veröffentlichten Buch „Statistik des Bütower
Kreises“ waren es in der Geschichte fünf adlige Güter
in Oslawa Dabrowa, und von diesen war ein Teil in den
Hypothekenbüchern mit dem Buchstaben B gekennzeichnet und
gehörte den Palubickis. Nach Hermann Griebel war im Jahre 1736
Besitzer dieses Teils Jacob Baron von Palubicki, der es von seinem
Vater Jan Baron von Palubicki geerbt hatte. 1758 wurde im Gericht
Lebork ein lateinisches Dokument verfasst, nach dem Jakob seinen Besitz
seinem Sohn Adam übertrug (Adam Baron von Palubicki).
Barone wurden die Palubickis aus
Oslawa Dabrowa auch in den kirchlichen Quellen genannt, auch in den
kirchlichen Urkunden aus Ugoszcz. Die älteste dieser
Aufzeichnungen stammt vom 6.5.1770 und betrifft die Hochzeit in
Stüdnitz zwischen dem Witwer Jakub Baron Palubicki
(„nobilem Jacobum Baron Pałubicki”) und Marianna Piechowska
aus Oslawa Dabrowa. Jener „adlige“ Jakub („Nobilis
Jacobus Palubicki“) starb in Oslawa Dabrowa im Alter von 96
Jahren. Sein Sohn Adam heiratete Elzbieta, die Tochter des Adligen Jan
Janta Polczynski aus Polczen. In den Jahren zwischen 1769 und 1783
bekamen sie sieben Kinder, darunter vier Söhne: Kazimierz (*1769),
Szymon (*1770), Jakub (1775 – 1827) und Józef Piotr (1783
– 1844). In den Taufurkunden hat er zweimal – 1770 und 1773
– als „nobilis Adam Baron Palubicki“ unterschrieben.
In den übrigen Urkunden nur als „nobilis Adam
Palubicki“, hingegen in der Taufurkunde seines jüngsten
Sohnes Józef Piotr, wurde der Text dahingehend ergänzt,
dass die Unterschrift lautete „nobilis Adam de Baron
Palubicki“. 1780 wurden bei einem Besuch der bischöflichen
Kurie die ordentlichen Register der adligen Einwohner der einzelnen
Dörfer vorgestellt. In Oslawa Dabrowa wurden fünf adlige
Besitztümer erwähnt: Joannes Sarnowski, Adam Baron Palubicki,
Mathias Klopotk, Paulus Klopotk und Paulus Cyrzan. Adam Palubicki (so
wurde es in den Todesakten festgehalten) starb in Oslawa Dabrowa im
Alter von 73 Jahren am 19.11.1795.
Interessant ist, was das Wort
„Baron“ vor dem Nachnamen der Palubickis aus Oslawa Dabrowa
zu bedeuten hat. War es ein Adelstitel, mit dem sich nicht viele
Familien schmücken konnten? Oder war es nur ein Beiname, ein
vererbter Spitzname einer kleinadligen Familie?
Der schwedische Baron und Diplomat
Einen Teil der Antworten auf diese
Fragen bringen manche Wappenbücher, besonders deutsche sowie
schwedische biografische Nachschlagewerke und dortige Internetseiten,
die tatsächlich die Familie Palubicki („Palbitzki“)
als Inhaber eines vom schwedischen König verliehenen Adelstitels
„Baron“ ausweist.
Nach dem Wappenbuch von Johann
Siebmacher kam er aus Kaschuben und siegelte mit dem Wappen eines
Falken aus der Linie der Familie Biber-Palubicki, die im Bereich des
Bezirkes Slawienski vier Dörfer besaß: Bartolino, Niemica,
Sulechowo und Warblewo. Der Besitzer von Niemica, Georg Palbitzke
(gestorben 1638), war 1609 Bürgermeister von Slupsk (Stolp) sowie
in den Jahren 1622-1638 Bürgermeister und Landrat von Slupsk.
Die Funktion des
Bürgermeisters von Slupsk übte um 1590 herum ebenfalls der
Besitzer von Niemica und Warblewo, Matthias Palbitzke, aus, vermutlich
der Vater von Georg.
Hingegen 1653 war der
Bürgermeister und Landrat von Slupsk Friedrich Palbitzke
(vielleicht der Sohn von Georg?). Jedoch die hervorragendste Gestalt in
dieser Linie war der Sohn von Georg und dessen Frau Anna (geb. Hoppe),
Mattias Palbitzki, geboren am 23.12.1623 wohl in Slupsk – ein
Kenner griechischer Literatur und hervorragender Diplomat.
Mattias Palbitzki besuchte das
Danziger Gymnasium und die Ritterakademie in Sorö, Dänemark.
Nach Beendigung seiner Ausbildung begab er sich auf eine Reise durch
Europa, in dieser Zeit traf er in Hamburg den schwedischen
Feldmarschall Gustaw Horn. Dieser redete ihm zu, in die Dienste
Schwedens einzutreten und begleitete ihn auf der Reise nach Stockholm.
Dort wurde er sogleich „DWORZANINEM“ von Königin
Krystyna, die ihn 1643 zum Grad eines Hauptmann-Leutnants der
„PRZYBOCZNEJ“ Garden beförderte. Ein Jahr später
machte er mit königlicher Zustimmung eine vierjährige Reise
durch Europa und Afrika. 1648, nach der Rückkehr aus Ägypten,
erhielt er in Rom den königlichen Befehl, nach Schweden
zurückzukehren, wo auf ihn die Beförderung zu einem
höheren höfischen Amt (schwedisch „kammarherre“ =
SZAMBELAN DWORU LUB PODKOMORZY?) wartete. Von da an nahm er an vielen
diplomatischen Missionen teil, unter anderem nach Venedig, in die
Toskana, nach Rom, Spanien, Frankreich, Niederlande, Polen (1664-1665)
und an den deutschen Kaiserhof. 1664 führte er das Amt des
Präsidenten des von Schweden okkupierten Teiles von Pommern
(einschließlich Stettin). 1667 bot man ihm die Würde eines
höfischen Rates an, deren Annahme er ablehnte, jedoch am
28.08.1675 erhielt er für sich und seine Nachkommen den Titel
Baron (schwedisch „friherre“, deutsch
„Freiherr“). Er starb am 20.10.1667 in Julica, in der
schwedischen Provinz Södermanland. Er hatte Kinder mit Anna Regina
Khewenhüller, die er 1654 geheiratet hatte, aber seine Linie, die
keine geringe Rolle in Schweden spielte, starb in der männlichen
Linie 1851 aus.
Fragliche Verwandtschaft
Jedoch weist keine bekannte
historische Quelle darauf hin, dass die „Barone Palubicki“
aus Oslawa Dabrowa irgendeine familiäre Verbindung mit dem
schwedischen Diplomaten, dem Baron Mattias Palbitzki hatten. Selbst
wenn der 1658 erwähnte Jakub aus Oslawa Dabrowa wirklich Bruder
oder Cousin des schwedischen Diplomaten war, durften laut Gesetz er und
seine Nachkommen den Titel „Baron“ nicht benutzen.
Überdies suggeriert das bereits erwähnte Wappenbuch
Siebmacher, obwohl dies andere Dokumente nicht bestätigen, dass
die Palubickis aus Oslawa Dabrowa, ähnlich wie die Palubickis aus
Polczen, den Beinamen Zuchta (Zychta, Sychta) gebrauchten und mit dem
Wappen Brochwicz (Hirsch) siegelten. Jedoch konnte bis heute niemand
die Lösung des Rätsels um die Herkunft des
„Barons“ aus Oslawa Dabrowa finden. Vermutlich war der
„Baron“ vor dem Nachnamen unserer Palubickis nur ein
Beiname/Spitzname, der Zeugnis gab über die durchgesickerten
hervorragenden Informationen „aus der entfernten Welt“,
selbst in die abgelegensten Provinzen. Und eine solche war damals ohne
Zweifel die Gegend um Bütow herum. Also wollten wohl die
Palubickis aus Oslawa Dabrowa, die von der Existenz „irgendeines
wichtigen“ Barones Palubicki hörten, ihren Ruf in der Gegend
verbessern, indem sie anfingen, sich die „Barone Palubicki“
zu nennen. Auf dem gegenwärtigen Stand des historischen Wissens
ist es schwierig, eine andere logische Erklärung für dieses
lokale Phänomen unter dem kaschubischen Adel zu finden.
Die letzten Barone in Oslawa Dabrowa
Zwei Wochen vor seinem Tod, am
04.11.1795, gab Adam Baron Palubicki die Aufsetzung eines Vertrages in
Auftrag, nach dem sein Adelsteil „B“ in Oslawa Dabrowa
„Jakob Baron von Palubicki“ übernehmen sollte –
der dritte in der Reihe seiner Söhne. Nach den
Kirchenaufzeichnungen aus Ugoszcz benutzte Jakub niemals den Beinamen
„Baron“ und wurde „Nobilis Jacobus de
Palubicki“, eventuell „Jacob von Palubicki“
geschrieben. 1797 heiratete er Magdalena Gorlik aus Rabacino, mit der
er in den Jahren 1799-1819 zehn Kinder hatte. Allerdings lebte das
Ehepaar nicht lang in Oslawa Dabrowa. Dort wurde nur ihre älteste
Tochter, Marianna, geboren (1799-1808). 1802 verkaufte Jakub für
1200 Taler den vererbten Teil „B“. an Pawel
Klopotek-Dabrowski, danach kaufte er ein Gut in Rogu/Rog (?). Dort
wurden seine folgenden Kinder geboren.
Nach den Kirchenaufzeichnungen aus
Ugoszcz wurde der Beiname „Baron“ zum letzten Mal durch den
jüngsten, vierten Sohn von Adam Baron Palubicki –
Józef (1783-1844) benutzt. 1804, mit 21 Jahren, heiratete er als
„Nobilis Joseph de Baron Palubicki“ die 40-Jährige
Witwe Katarzyna Pelowa aus Klonczen. In späteren Aufzeichnungen
trat er nur noch als Einwohner von Klonczen, Joseph v. Palubicki, auf.
Sein einziger Sohn aus der zweiten Ehe, Michael/Michal (1815-1891),
benutzte niemals den Beinamen „Baron“. 1869
emigrierte er nach Winona in den Vereinigten Staaten, wo bis heute
seine Nachkommen leben. Das Fehlen von nachweisenden Unterlagen
schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, dass die
Tradition „Herkunft von Baronen“ in der Familie Palubicki
auch in späteren Jahren lebendig gehalten wurde.
Die Erinnerung ist richtig, dass
die späteren Nachkommen von Adam Baron Palubicki, die von seinen
drei ersten Söhnen abstammten, bis ungefähr in die Sechziger
Jahre des 19. Jahrhunderts Haupteinwohner von Rog, Polczen und
Studzienice waren. Später verschwanden sie von den Blättern
der Bücher von Ugoszcz. Vielleicht sind sie auch nach Amerika
ausgewandert?
Die Barone unter den Bütowern, Teil 2
„Gbur“ auf der königlichen Seite
Zum Ende des 18. Jh. erschien neben den Baronen Palubicki eine zweite
Familie Palubicki, die ihr Gut im königlichen Teil des Dorfes
hatte. Der erste bekannte dieser Vertreter war Marcin (Martin) Palubicki, der 1798 Marianne Piechowska
(1770-1846) zur Frau nahm, die Tochter des ortsansässigen
„gbur“ Krzysztof Piechowski. Auf der Heiratsurkunde
unterschrieb er als adliger „Nobilis Martin de Palubicki“,
aber in späteren Urkunden trat er schon als „gbur“
„Martin Palubicki Colonus“ oder „Martin
Palubicki“ auf, und einmal als adliger „Martin von
Palubicki“. Seine Herkunft bleibt rätselhaft. Aus Dokumenten
geht hervor, dass er ca. 1770/71 geboren wurde, aber mit Sicherheit in
keinem zur Pfarrei Ugoszcz gehörenden Dorf. Marcin Palubicki
(„Martinus Palubicki“) starb am 29.11.1838 in Oslawa
Dabrowa im Alter von 68 Jahren als „Colonist sive
Emeritus“, oder „gbur oder vielmehr Rentner“.
„Freiherr“ bedeutet Baron
Marcin und Marianna Palubicki hatten fünf Kinder, darunter zwei Söhne: Józef
(1804-1874) und Wojciech (Adalbert) (1815-1888). Die Linie von Wojciech
starb aus, da sein einziger Sohn, Józef Grzegorz (1856-1859) als
Kind starb. Erbe des Gutes von Marcin wurde der erstgeborene
Józef, der 1830 als „Josephus Palubicki“ Magdalena Stanislawska (1811-1881) aus Klaczno heiratete. Aus deren Ehe gingen acht Kinder hervor, darunter vier Söhne: Andrzej (Andreas)
(1834-1892), Stefan Wawrzyniec (*1837), Jan Tomasz (*1844) und
Józef Maciej (*1851), die eigene Familien gründeten. Sie
hatten sehr viele Nachkommen, deren Geschichte ein weiterer Zweig
dieses Themas ist.
Die Zeit, in der Marcin und Józef Palubicki lebten und
arbeiteten, war die Epoche der napoleonischen Kriege sowie der
landwirtschaftlichen Reformen wie Abschaffung der Leibeigenschaft
(Bauernbefreiung) und die Einteilung/Verteilung/Aufteilung der
gemeindlichen Flächen (Weide, Wiese, Wald und See). Der Hof von
Józef Palubicki (1804-1874) zählte in der zweiten
Hälfte der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts, also schon nach der
Aufteilung der Flächen, 278 Morgen und 110
Quadrat“stäbe“ (ungefähr 71 Hektar) Fläche.
Ackerboden besaß er über 182 Morgen, Wiesen über
fünf und Weiden über 86 Morgen. Der Prozess des
Übergangs vom besitzenden Bauern mit nicht vollen Rechten auf
seinen Hof (der formale Besitzer war der König) in einen
vollberechtigten Besitz dokumentieren die Kirchenakten aus Ugoszcz. Wir
wissen, dass Marcin als „gbur“ agiert hat, und er konnte
sich schlecht auf seine adlige Abstammung (Adelsstand) berufen aufgrund
der Tatsache, dass man auf königlichen Gütern gewirtschaftet
hat.
Vor den Reformen in staatlicher und kirchlicher Verwaltung war man um
Ehrlichkeit in dieser Materie sehr bemüht. Später sind die
Unterschiede zwischen Eigentümern in königlichen und adligen
Gütern immer geringer geworden; dank diesem Umstand konnten viele
Nachkommen adliger Einwohner „zurückkehren“ zu ihren
Wurzeln, zum Beispiel dem Nachnamen die Zusätze „von“
oder „de“ voranstellen. So also war Józef
anfänglich selbst als „gbur“ „Josephus
Palubicki“ oder „Jozefus Palubicki“ eingetragen,
manchmal nur mit dem Adelszusatz „von“. Jedoch schon 1847
bezeichnete man ihn als „Joseph v. Palubicki
Guts-Antheil-Besitzer“, und 1851 als „Joseph v. Palubicki
Eigenthümer“. Das interessanteste Schriftstück stammt
aus seiner Todesakte vom 20. April 1874, wo man ihn als „Freiherr
Joseph v. Palubicki Altsitzer“ bezeichnete. Da es keine Beweise
für eine familiäre Verbindung zu den Baronen Palubicki gibt,
die 1802 im adligen Teil von Oslawa Dabrowa lebten, kann man nur
vermuten, dass jene Akteneintragung der Beweis dafür ist, wie lang
und lebendig die Tradition des Titels „Baron“ beinahe in
der ganzen Linie der Palubicki-Einwohnerschaft aus Oslawa Dabrowa ist.
Der Beiname Sychta
Wie ich bereits erwähnte, entstammte der schwedische Baron
Palubicki der Familie Biber Palubicki. Der richtige Beiname „der
Barone Palubicki“ aus Oslawa Dabrowa ist nicht bekannt, obwohl
deutsche Heraldiker meinen, dass dieser Zuchta war. Diesen Beinamen,
geschrieben in den Formen Zychta/Zuchta/Sychta oder Sichta führten
die Palubickis aus Polczen. In Oslawa Dabrowa erschien er in der Form
„Joseph von Sychta Palubicki“ im Jahr 1881 und 1887. Er
betraf Józef Maciej (*1851), den Sohn des Gutsbesitzers
Józef Palubicki (1804-1874). Diese zwei Eintragungen sind wohl
die einzigen Beweise dafür, dass die Palubickis aus dem
königlichen Teil von Oslawa Dabrowa zum Zweig der
Zuchta-Palubickis gehören.
Vererbung des Bauerngutes
Nach Marcin (1770/71 – 1838) und Józef (1804-1874) wurde
der nächste Besitzer des Bauernhofes in Oslawa Dabrowa Andrzej
Palubicki (1834-1892), der das Gut auf 283 Morgen und 97
„Stäbe“ (ca. 72 ha) vergrößerte. In den
staatlichen Dokumenten wurde er „Palubicky Andreas, Bauer zu
Königliche Oslawdamerow“ genannt, jedoch in den Kirchenakten
nannte man ihn manchmal „Andreas von Palubicki
Guts-Antheil-Besitzer“ und manchmal nur „Andreas v.
Palubicki Besitzer aus Oslawdamerow“. 1858 heiratete Andrzej Elzbieta Jazdzewska
(1834-1925) aus Skoszewo. In der Zeit von 1862-1878 gabar sie ihm 3
Töchter und 4 Söhne. Der älteste Sohn, Stefan Tomasz
(*1863) heiratete (?) auf den Hof in „Lakich bei
Borzyszkowo“ ein, daher ging das väterliche Gut an den
zweiten Sohn, Józef (1866-1955). Dieser Józef heiratete
1893 Franciszka Breza (* um 1874) aus Oslawa Dabrowa. Aus dieser Ehe
kamen zwischen 1898 und 1916 11 Kinder zur Welt, von denen ein Teil auf
der erhaltenen Fotografie von ungefähr 1912 abgebildet ist (zu sehen in der Bildergalerie 2).
Nach Józef ging das Gut an dessen ältesten Sohn, Teofil
Franciszek Palubicki (1898-1979), der unter anderem dafür bekannt
wurde, dass er zu Beginn der 1930er Jahre ein Zimmer seiner Wohnung an
die polnische Schule vermietete, als diese aus dem deutschen
Regierungsgebäude entfernt wurde. Seine Frau war Balbina Klopotek
(*1903) aus Oslawa Dabrowa. Heute ist ihr Sohn Zygmunt schon der 6.
Gutsbesitzer in der Familienfolge, die bereits seit 208 Jahren
aufrechterhalten wird.
Familien“schatz“
Im Besitz von Frau Barbara Hapke, Bibliothekarin und Leiterin des
Bütower Museums, und privat Urenkelin von Józef Palubicki
(1866-1955), befindet sich ein sehr interessantes Buch aus dem Jahre
1847 mit dem Titel „Weinen und Klagen der heiligen Väter in
der verbliebenen Schlucht“. Die Außergewöhnlichkeit
dieses Buches besteht darin, dass sich auf den Innenseiten des
Umschlages die Unterschriften ihrer früheren Besitzer aus der
Familie Palubicki befinden. Und so schrieben sie auf die erste Seite
eigenhändig „Andreas v. Palubiczki“ und „Joseph
v. Palubitzki“. Der interessanteste deutsch-polnisch-kaschubische
Text befindet sich auf der letzten Seite. Wir lesen dort:
„Oslawdamerow/Ta Ksziaszka Nalezi Jozwowi Palbitzkimu“. Aus
dieser Eintragung, und auch aus dem Buch selbst, geht klar hervor, dass
die Kunst des Schreibens und Lesens der polnischen Sprache noch nicht
die Kunst in der Familie Palubicki im 19. Jahrhundert war. Die Frage
ist hier lediglich, dass wir nicht wissen, welcher Józef in dem
Buch unterschrieben hat – der Vater oder der Sohn von Andreas?
Familie hinter der Grenze
Das Schicksal der jüngeren Söhne in kaschubischen
Bauernfamilien war oft vorherbestimmt. Den Hof übernahm in den
allermeisten Fällen der älteste Sohn, die jüngeren
wurden meist Arbeiter oder im besten Falle Pächter. In ihrer
geringen wirtschaftlichen Position hatten diese Paare oft sehr
zahlreiche Nachkommen. Solch ein „Pächter“ und
gleichzeitig Waldarbeiter war der dritte Sohn von Andrzej – Michael Palubicki (1871-1933). Michael heiratete 1897 Franciszka Pozanc
(1879-1917) aus Stüdnitz, mit der er sechs Söhne und drei
Töchter hatte. Nach dem Tod der ersten Frau heiratete er 1919 die
30 Jahre jüngere Marta Ewa Kowalewska (1901-1968), mit der er
sieben Söhne hatte.
Zu dieser Zeit waren die Kinder aus Michaels erster Ehe bereits
erwachsen und gründeten eigene Familien. Der älteste Sohn
Johann (*1898) heiratete die aus Inowroclaw stammende Salomea
Sliwinska. Sie wohnten in 'Ugoszcz und hatten fünf Kinder.
Die älteste Tocher von Michael, Agnes Anna (*1899) wohnte nach dem
1. Weltkrieg auf der polnischen Seite der Grenze. Sie lernte den
Unteroffizier der Grenztuppen Ignac Wasielewski kennen und heiratete
ihn 1924. Aus dieser Zeit stammt ihr Zeugnis "der Moral und des
Polentums", herausgegeben durch den Pfarrer von Ugoszcz, Robert
Pradzynski.
Die anderen Kinder aus der ersten Ehe Michaels wollten nicht als
"Knechte" im heimatlichen Oslawa Dabrowa arbeiten und zogen nach
Oebisfelde in Deutschland.
In der Zeit zwischen den Kriegen war Oslawa Dabrowa ein Dorf, in dem im
ganzen Bütower Land die Spannungen zwischen Deutschen und Polen am
größten waren. Das Dorf war zum größten Teil
bewohnt von armen Waldarbeitern und armen Bauern. Als hier 1929 eine
polnische Schule eröffnete, drohte der örtliche
Gemeindevorsteher und zugleich einheimischer Forstarbeiter seinen
Arbeitern, falls sie ihre Kinder zur polnischen Schule schicken
sollten. Auf diese Weise erpresste er unter anderem Michael, der seine
Kinder aus dieser Einrichtung zurückziehen und zur deutschen
Schule schicken musste. In dem Buch „Die Geschichte des
Bütower Landes“ lesen wir, dass zu Beginn des Jahres 1930
Michael Palubicki „öffentlich gegen die Verletzungen durch
den Lehrer Hans Ruprecht protestierte, Sohn des polnischen Bauern
Pozanc(?)“. Dafür verurteilte ihn das Gericht in Lebork zu
drei Monaten Gefängnis. In diesem Buch befindet sich auch
ein Bild des bis heute in Stüdnitz existierenden, aus
Gusseisen hergestellten Kreuzes auf dem Grab seiner ersten Frau
Franciszka.
Auf ihm befindet sich folgende Inschrift: „Hier ruht in Gott
verstorb. Franciszka v. Palubicka (…) Gegrüßet seist
du Maria“
Das Bild trägt die Unterschrift: „Friedhofskreuze sind Zeugnisse des Polentums“.
Michael starb Silvester 1933 und hinterließ eine junge Witwe und
sieben minderjährige Kinder. Die Inschrift auf seinem Grabstein
lautet: Michael v. Palubitzki.
Der Sohn von Michael, Jacek Palubicki, erinnert sich, dass "seit dieser
Zeit der Hunger oft ins Haus - eine kleine Holzhütte am Rand des
Dorfes - schaute", und der größte ihrer
Kindheitsträume war es, "sich satt zu essen". Bis heute erinnert
er sich hervorragend an die Freundlichkeit der einen Leute und die
Gefühllosigkeit anderer gegenüber Unglücken. Positiv in
seine Erinnerung hat sich der Pfarrer von Ugoszcz, Josef Weilandt,
geschrieben, der oftmals seine Familie unterstützte. 1942, mit 17,
trat Jacek als Freiwilliger in die Wehrmacht ein, weil er, wie er sagt,
"dort wenigstens die Hoffnung auf regelmäßige Mahlzeiten
hatte". Zuerst kämpfte er in Italien, von dort hat er guten Wein
und gekochtes Huhn in Erinnerung behalten. Dann kam er an die Ostfront.
In Ostpreußen wurde er verwundet. Bewusstlos, auf dem Seeweg,
transportierte man ihn von dort weit nach Deutschland hinein.
Er kurierte sich in Bayern aus, und, wie er sich mit einem Lächeln
erinnert, traf er dort eine wohlhabende Witwe, die ihn zum Mann nehmen
wollte, aber eines Tages hörte er das Läuten der Glocken von
einer der örtlichen Kirchen, die genauso klangen wie die von
Ugoszcz. Durch diese Erinnerung stiegen ihm Tränen in die Augen.
In diesem Moment verschwanden die Zweifel über dieZukunft. Er
kehrte nach Hause zurück.
In Deutschland blieben einige seiner Brüder. Einer von ihnen fiel
an der Ostfront. Endgültig verblieb Jacek jedoch nicht im
heimatlichen Oslawa Dabrowa, sondern wurde in Ugoszcz ansässig, wo
er gemeinsam mit Krystyna (geb. Dublinowska) ein Haus baute.
Seine zahlreichen Kinder, Enkel und Urenkel (die achte Generation der
Einwohnerschaft) leben heute in Deutschland, Ugoszcz und Rekowo. In dem
letztgenannten Dorf leben ebenfalls Kinder seines verstorbenen und
jüngsten Bruders Ludwik - dem früheren Lehrer von Rekowo.